„Vorher
hatte ich schlechtere Noten, und mein Verhalten war gar
nicht so gut. Jetzt ist es besser.“ So bringt die Neuntklässlerin
Tatjana Schwarze ihre ersten zehn Monate in der
Projektklasse mit dem umständlichen Namen „Abschlussquote
erhöhen, Berufsfähigkeit steigern“ (AQB) auf den Punkt.
Solche positiven Entwicklungen hat das Pädagogen- und
Betreuerteam für fast die gesamte Klasse festgestellt. Die
Helpser sind Mitwirkende in einem landesweiten Projekt, bei
dem jetzt Halbzeit war.
Helpsen. Ausgesucht worden für die Spezialklasse waren
Schüler der achten Jahrgänge in den Hauptschulen Bückeburg,
Obernkirchen, Lindhorst und Helpsen, deren Schulabschluss
zum damaligen Zeitpunkt in akuter Gefahr war und deren
Einstieg ins Berufsleben sehr schwierig werden würde.
Gestartet war die Klasse mit 18 Schülern. Zwischenzeitlich
sind noch zwei dazu gekommen. Jetzt sind es noch 16. Bei den
Abbrechern handelt es sich nach Angaben von Klassenlehrer
Burkhard Schauties um hartnäckige Schulverweigerer.
Das „Zurück im Spiel“ hat auch Friedhelm
Brettholle registriert, der die übersichtliche Klasse in
Physik und Chemie unterrichtet. Das Interesse an einer
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Fremdsprache
und den Naturwissenschaften bringen die Schüler offenkundig
aus den Berufspraktika mit, die die zweite große Säule des
Projektes bilden.
Begleitet werden sie dabei von Kerstin Neumann vom
Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft. „Einige
haben sich schon entschieden“, berichtete Neumann. Das heißt,
diese Jugendlichen möchten einen Beruf ergreifen, den sie während
ihres ersten Praktikums kennen gelernt haben.
Schauties und Kollegen können inzwischen handfeste Erfolge
vorweisen: „Es gibt nicht wenige Zweiersprünge“,
stellte der Pädagoge mit Blick auf die Entwicklung des
Notenspiegels seiner Schützlinge fest. Das betreffe vor
allem die für den Abschluss wichtigen Fächer Deutsch und
Mathematik, die denn auch großes Gewicht im Lehrplan
haben.
„Die Kinder sind wieder im Spiel“, ergänzte
Englisch-Lehrerin Ellen Spittka.
Viele hätten sich von diesem Fach verabschiedet gehabt,
blickte sie auf den Start vor zehn Monaten zurück. Dazu gehört
zweifelsfrei Bunga Quiala aus Lindhorst. Dessen Wunschberuf
ist Lagerist in einem
Autohaus. In so einem Betrieb macht Bunga inzwischen sein
zweites Praktikum.
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Bei Tatjana
ist berufsmäßig der Groschen noch nicht gefallen. Sie weiß
aber, dass ihr Ziel „etwas Handwerkliches, Kreatives“
ist.
Die
besondere Mixtur dieser Form von Schülerbetreuung mit
Unterricht in Kleingruppen, viel Praxis, drei fest
Ansprechpartner und mehr hat nach den Beobachtungen von
Schulleiter Jürgen Eggers außer den Zensurensprüngen bei
den Schülern etwas ganz Wichtiges erzeugt: „Mehr
Selbstvertrauen“.
Bei einer landesweiten Bilanz in Walsrode haben
Eggers und Kollegen der übrigen Projektschulen ein
positives Fazit mit Verbesserungswünschen gezogen. Diese
sind vor allem eine zwei- statt eineinhalbjährige
Beschulung sowie mehr Stunden für die sozialpädagogische
Betreuung.
Jürgen Eggers und Kollegium könnten sich
allerdings auch einen anderen Weg vorstellen als den
Hauptschulabschluss per Zusatzangebot zum dreigliedrigen
Schulsystem: „In der integrativen, gemeinsamen Beschulung
von Kindern mit unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten
werden – zu Recht – mehr Chancen für Schülerinnen und
Schüler gesehen.“ Mit anderen Worten: Helpsen möchte
Standort einer Gesamtschule werden.
Jürgen Lentz |